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Insolvenzverschleppung als persönliches Haftungsrisiko

Insolvenzverschleppung – eine existenzelle Haftungsgefahr

Insolvenzverschleppungsansprüche spielen eine zentrale Rolle im Unternehmens- und Insolvenzrecht. Sie entstehen, wenn Geschäftsführer oder Vorstände bei eingetretener Insolvenzreife nicht rechtzeitig Insolvenzantrag stellen. Dies kann schwerwiegendste finanzielle und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, sowohl für das Unternehmen als auch für die verantwortlichen Entscheider im Unternehmensorgan persönlich.

Für den verantwortlichen Manager ist diese Situation oft dramatisch: Er kennt sein Unternehmen und dessen Potential. Er kennt die Stellschrauben, anhand derer eine Zukunft erreichbar ist. Dennoch bleibt er von äußeren Faktoren abhängig. Für den Fall des Scheiterns haftet er aber persönlich und mit seinem gesamten Privatvermögen – unabhängig davon, warum der Turnaround missglückt ist.

Insolvenzverschleppung ist keine Seltenheit

Die Häufigkeit der Insolvenzverschleppung wird auch in den polizeilichen Kriminalstatistiken deutlich. Im Jahr 2023 wurden laut der polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes (BKA) 6.650 Fälle von Insolvenzverschleppung registriert3. Dies entspricht etwa 11,5 % aller Fälle von Wirtschaftskriminalität. In fast 31 % aller Firmeninsolvenzen wurde wegen Insolvenzverschleppung gegen mindestens einen Tatverdächtigen polizeilich ermittelt. Diese Zahlen verdeutlichen die Bedeutung und die Häufigkeit dieses Delikts im Kontext der Wirtschaftskriminalität.

Insolvenzverschleppung vermeiden

Eine rechtzeitige Insolvenzanmeldung ist entscheidend, um Gläubiger zu schützen und den Schaden zu minimieren. Was „rechtzeitig“ im jeweiligen Einzelfall bedeutet, hängt von zahlreichen Parametern ab, über die jeweils auf der Grundlage der jeweiligen Umstände und umfangreicher Rechtsprechung zu streiten ist. Dabei kommt es auf die konkrete Situation des jeweiligen Unternehmens, seine Stellung im Markt, seine finanzielle Konfiguration und Situation, kurz: auf jedes Detail an. Es ist wichtig, dass der Geschäftsführer die finanzielle Lage des Unternehmens genau überwacht und bei Anzeichen von Zahlungsunfähigkeit sofort handelt.

Ein prominenter Fall von Insolvenzverschleppung ist der der P+R Gruppe, bei dem der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2024 ein wichtiges Urteil zur persönlichen Haftung der Geschäftsführer gefällt hat. In diesem Fall hatte die P+R Gruppe neues Fremdkapital aufgenommen, bevor sie Insolvenzanträge stellte. Der zuständige Geschäftsführer verstarb wenige Monate später, und der Insolvenzverwalter forderte Schadensersatz wegen Insolvenzverschleppung. Der BGH entschied, dass ausgeschiedene Geschäftsführer auch für Schäden haften können, die aus ihrer Verletzung der Insolvenzantragspflicht resultieren, selbst wenn diese Schäden erst nach ihrem Ausscheiden entstehen.

Die persönliche Haftung des Geschäftsführers

… ist ein zentrales Thema im Insolvenzrecht. Wenn ein Geschäftsführer es versäumt, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, kann er persönlich haftbar gemacht werden. Dies bedeutet, dass er mit seinem gesamten Privatvermögen für die Verkleinerung der Insolvenzmasse des Unternehmens haftet. Er haftet also ab dem Eintritt der Insolvenzreife wie ein Einzelunternehmer ohne Haftungsbeschränkung für ein Unternehmen in der eingetretenen Krise! Diese persönliche Haftung kann zu erheblichen finanziellen und rechtlichen Konsequenzen führen. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass Geschäftsführer die finanzielle Lage ihres Unternehmens genau überwachen und bei Anzeichen von Zahlungsunfähigkeit sofort handeln.

D&O-Versicherungsschutz

Der Schutz einer D&O-Versicherung („Directors and Officers“) bietet eine gewisse Absicherung für Führungskräfte gegen finanzielle Verluste aufgrund von Fehlentscheidungen oder Pflichtverletzungen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit. Allerdings gibt es erhebliche Einschränkungen bei der Deckung von Ansprüchen aus Insolvenzverschleppung. Viele D&O-Versicherungen schließen explizit Schäden aus, die durch verspätete Insolvenzanmeldungen entstehen. Dies bedeutet, dass Geschäftsführer trotz einer D&O-Versicherung oft persönlich haften müssen.

Ein Beispiel hierfür ist das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom Januar 2025 (Az.: 4 U 137/23), das feststellte, dass die Pflicht zur rechtzeitigen Insolvenzanmeldung eine Kardinalpflicht darstellt. Das Gericht entschied, dass Ansprüche aus Insolvenzverschleppung nicht durch den Versicherungsschutz einer klassischen D&O-Versicherung abgedeckt sind. Diese Einschränkung führt dazu, dass sich viele Geschäftsführer in einer finanziell sehr schwierigen Lage befinden können.

Verteidigungsmöglichkeiten bei Insolvenzverschleppung 

Verteidigungsmöglichkeiten sind zahlreich und hängen gleichermaßen stark vom Einzelfall ab. Geschäftsführer können sich beispielsweise darauf berufen, dass sie die finanzielle Lage des Unternehmens nicht rechtzeitig erkennen konnten oder auf eine kurzfristige Verbesserung der Situation hoffen durften. Auch die Dokumentation von Bemühungen zur Sanierung des Unternehmens kann eine wichtige Rolle spielen. Zudem können externe Faktoren wie unerwartete Marktveränderungen oder rechtliche Hindernisse als Verteidigungsargumente dienen. Es ist entscheidend, dass alle relevanten Umstände und Maßnahmen sorgfältig dokumentiert und im Rahmen des Ermittlungsverfahrens / der Inanspruchnahme vorgebracht werden. Eine frühzeitige rechtliche Beratung durch erfahrene einen erfahrenen Rechtsanwalt kann dabei helfen, die beste Verteidigungsstrategie zu entwickeln und die persönlichen Haftungsrisiken zu minimieren.

Wenn Sie als Geschäftsführer oder Vorstand mit dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung konfrontiert sind, zögern Sie nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Kontaktieren Sie mich gerne, um Ihre Verteidigungsmöglichkeiten zu besprechen und Ihre Rechte zu schützen.

Für den verantwortlichen Manager ist diese Situation oft dramatisch: Er kennt sein Unternehmen und dessen Potential. Er kennt die Stellschrauben, anhand derer Zukunft erreichbar ist. Dennoch bleibt er von äußeren Faktoren abhängig. Für den Fall des Scheiterns haftet er aber persönlich und mit seinem gesamten Privatvermögen – unabhängig davon, warum der Turnaround missglückt ist.

Eine rechtzeitige Insolvenzanmeldung ist entscheidend, um Gläubiger zu schützen und den Schaden zu minimieren. Was „rechtzeitig“ im jeweiligen Einzelfall bedeutet, hängt von zahlreichen Parametern ab, über die jeweils auf der Grundlage der jeweiligen Umstände und umfangreicher Rechtsprechung zu streiten ist. Dabei kommt es auf die konkrete Situation des jeweiligen Unternehmens, seine Stellung im Markt, seine finanzielle Konfiguration und Situation, kurz: auf jedes Detail an.